Posts Tagged ‘Thyssen im 20. Jahrhundert’
Wednesday, January 30th, 2019
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Friday, November 27th, 2015
Neben der Publikation unseres Buches „Die Thyssen-Dynastie. Die Wahrheit hinter dem Mythos“ gibt es ein besonderes Ereignis, das sowohl symbolisch als auch real die Thyssens, sowohl als Unternehmen wie auch privat, dazu gebracht hat, ihre Geschichte umzuschreiben. Und zwar das sogenannte Massaker von Rechnitz, wie es jetzt genannt wird, also der Mord an hundert achtzig ungarischen, jüdischen Zwangsarbeitern nach einem Fest, welches Margit Batthyany-Thyssen im März 1945 unter anderem für SS-Offiziere gab, welche im Thyssen-finanzierten Schloss Rechnitz im Burgenland untergebracht waren; nicht nur das Ereignis selbst, sondern ein Artikel, den wir im Oktober 2007 über die Rolle Margit Thyssens bei diesem Verbrechen für die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieben.
Als die FAZ den Artikel veröffentlichte stritten manche Akademiker, wie Professor Wolfgang Benz von der Universität Berlin, das ganze Ereignis ab, während Manfred Rasch, der Archivleiter der ThyssenKrupp AG uns später als sensationsorientierte Journalisten abtat, die die Rolle der Thyssens mit Hilfe von „Sex and Crime“ Journalismus aufgebauscht hätten. Dies machte uns aber nur noch entschlossener, die Anschuldigungen zu widerlegen, wir hätten gelogen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, die nicht nur das Schloss besaßen, welches sie während des Krieges mit Geldern aus Thyssen Unternehmen finanzierten, sondern auch das umliegende Landgut und damit einen bedeutenden Teil des Städtchens.
Nun hatte der Bericht über die Beteiligung der Thyssens sich in der europäischen Presse verbreitet, dies natürlich auch online, und als die ThyssenKrupp AG (für die Unternehmen) und die Thyssen Bornemisza Gruppe (für die Familie) sich bewusst wurden, dass eine größere Kampagne der Schadensbegrenzung von Nöten sein würde, wurde ein Team von Akademikern beauftragt, nicht nur das Massaker von Rechnitz aufzuarbeiten, sondern die gesamte unternehmerische und Familiengeschichte (oder zumindest die bis zu einem passend flexiblen Zeitpunkt), und zu versuchen über die Fritz Thyssen Stiftung einen akademisch anerkannten historischen Präzedenzfall zu etablieren.
Doch obwohl es in den Büchern der Serie „Thyssen im 20. Jahrhundert – Familie, Unternehmen, Öffentlichkeit“ bisher schon mehrere Gelegenheiten gab, eine entsprechend reingewaschene Version der Geschichte des Massakers von Rechnitz aufzunehmen, ist dies nicht geschehen.
Dann wurden wir vor nicht all zu langer Zeit darauf aufmerksam, dass im Mai 2014 eine nicht sehr publik gemachte Veranstaltung an der Universität von München stattgefunden hat, nämlich eine zweitätige Konferenz unter dem Titel „Rechnitz Revisited“, welche von der vielseitigen und omnipräsenten „Nachwuchsgruppenleiterin“ Dr Simone Derix veranstaltet wurde. Als uns bewusst wurde, dass das Thema der Konferenz das Massaker von Rechnitz war und sie von der Fritz Thyssen Stiftung gefördert worden war, wurde alles klar.
Es war offensichtlich eine Entscheidung gefällt worden, dass, solange das Thema Rechnitz so kontrovers und die Beteiligung der Thyssens so offensichtlich waren, es viel zu gefährlich war, „wissenschaftlich“ belegte Aussagen zu treffen, die ihre Beteiligung oder die Genauigkeit der Fakten in unserem Buch (und in unserem FAZ Artikel) anfochten. Fakten wie zum Beispiel die Details, dass Heinrich Thyssen über seine August Thyssen Bank einen RM 400,000 Kredit als „Beihilfe Rechnitz“ gewährt hatte, zu einer Zeit, als das Schloss bereits von der SS requiriert war, oder die jährliche Grundzahlung an Margit von RM 30,000 und „wandelbaren“ RM 18,000 zur Schlossunterhaltung, während das Gut „von Thyssengas weiterhin betreut“ wurde (damals Thyssensche Gas- und Wasserwerke) (siehe auch hier).
Das hinderte die Personen, die für den Inhalt der Konferenz verantwortlich waren, jedoch nicht daran, es dennoch zu versuchen und während unser Buch und unser Artikel mit keinem Wort erwähnt wurden, so wurden doch einige, allzu offensichtliche Andeutungen gemacht, nämlich an „überzeichnete mediale Darstellung“; sexbesessene Schlossherrin; skandalisierende Medienberichte; überzeichnete Fokussierung auf einzelne Personen, insbesondere Margit Batthyany-Thyssen; die große Diskrepanz zwischen den phantasievollen Berichten und der historischen Rekonstruktion des Geschehens; Phantasien und spekulative Projektionsfläche“.
Die Teilnehmer nutzten die Gelegenheit, um das Konzept voran zu treiben, dass das Geschehene auf keinen Fall in die Verantwortlichkeit der ehrenwerten Thyssens und Batthyanys fallen kann, sondern dass jede Schuld an dem Verbrechen sicher bei den weniger privilegierten Teilen der Bevölkerung zu verorten ist. Es ist eine Strategie, die in der Reihe „Thyssen im 20. Jahrhundert“ ebenso praktiziert wird, und die mittlerweile den Lesern unserer Rezensionen dieser Bücher bekannt sein dürfte.
Im Grunde schien das bewusste Format dieser Konferenz nicht zu sein, spezifische Fragen zu beantworten oder irgendeine Form einer verbindlichen Aussage zu treffen. Vielmehr sollte ein akademisches „work in progress“ etabliert werden. Es ist eine Verfahrensweise, welche auch das österreichische Innenministerium seit Jahren angewandt hat, um einen Wall aufzubauen, hinter dem unangenehme Dinge versteckt werden können wie z.B. die Frage, wo die Toten des Massakers von Rechnitz begraben sind.
Zur Konferenz wurden eine Reihe von Akademikern eingeladen, die von der Fritz Thyssen Stiftung autorisiert wurden – allen voran Eleonore Lappin-Eppel und Claudia Kuretsidis-Haider – ausserdem Sacha Batthyany, ein Journalist, dessen Familie ursprünglich sowohl das Städtchen wie auch das Schloss besaßen und von ihrer Verbindung mit den Thyssens profitierten, und die auch ein gewisses Ausmaß an Macht und Einfluss in der Gegend behalten haben. Sacha Batthyany hatte einen ernsthaften Interessenkonflikt, gab jedoch der Veranstaltung einen gewissen noblen Status und half dabei, die Aufmerksamkeit von den Thyssens weg zu lenken und auch von seiner eigenen, anscheinend schuldfreien Familie; von der einige Mitglieder (so hatte er uns einmal gesagt) weiterhin an „jüdische Verschwörungen“ im Zusammenhang mit dem ungelösten Fall glauben.
Es ist anzunehmen, dass die Fritz Thyssen Stiftung diese Konferenz nun alle paar Jahre wiederholen wird bis ihre Version der Geschehnisse, welche jedwede Erwähnung der Beteiligung der Thyssen Familie am Rechnitzer Verbrechen ausschließt, akzeptiert worden ist.
Oder bis zum unwahrscheinlich Fall dass erkannt wird, dass ihre akademischen Verleugnungen nicht überzeugen und nur unsere Bestimmtheit vergrößern, dafür zu sorgen, dass die Thyssens, die persönlich übrigens nie die Genauigkeit unserer Fakten bestritten oder uns der Übertreibung bezichtigt haben, den ihnen gebührenden Grad an Verantwortung und Schuld übernehmen. |
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Tags: akademische Verleugnungen, August Thyssen Bank, Batthyany, Beihilfe Rechnitz, Burgenland, Claudia Kuretsidis-Haider, Die Thyssen-Dynastie, Die Wahrheit hinter dem Mythos, Eleonore Lappin-Eppel, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Fritz Thyssen Stiftung, Heinrich Thyssen, Interessenkonflikt, Manfred Rasch, Margit Batthyany-Thyssen, Massaker von Rechnitz, Nachwuchsgruppenleiterin, nobler Status, österreichisches Innenministerium, Rechnitz Revisited, Sacha Batthyany, Schloss Rechnitz, Schuld, Simone Derix, Thyssen, Thyssen im 20. Jahrhundert, Thyssen-Bornemisza Gruppe, Thyssengas, ThyssenKrupp AG, Thyssensche Gas- und Wasserwerke, Universität Berlin, Universität von München, Verantwortung, Wolfgang Benz, Zwangsarbeiter Posted in The Thyssen Art Macabre, Thyssen Corporate, Thyssen Family Comments Off on Rechnitz Revisited I
Saturday, October 24th, 2015
Wenn es ein Thema in dieser Serie von akademischen Abhandlungen über die Firmen, politischen Ansichten, den persönlichen Reichtum, die Beziehungen zur Öffentlichkeit und die Kunstsammlung(en) der Thyssens gibt, bei dem Feingefühl und Offenheit gefragt gewesen wären, dann ist es dieses eine. In der Tat spiegeln die ensetzlichen Bedingungen, unter denen Ausländer (Sowjetische Staatsangehörige, Franzosen, Niederländer, Belgier, etc.) während des zweiten Weltkriegs in Thyssen Unternehmungen, und der Produktion von Waffen und Munition im Besonderen, arbeiten mussten deutlich die unmenschlichen Auswüchse des Nationalsozialismus wider. Die Rezension fällt ob des wichtigen Themas etwas länger aus.
30 Jahre nach Ulrich Herberts bahnbrechenden Arbeiten zur Zwangsarbeit und sieben Jahre nach Erscheinen unseres Buches blieb die Thyssen Familie bis jetzt eine von sehr wenigen, die sich beharrlich weigerten, diesen Teil ihrer Geschichte offen anzusprechen. Stattdessen hat sie immer behauptet, weitgehenst unbeteiligt an der Herstellung von Waffen und Munition und der Verwendung von Zwangsarbeitern gewesen zu sein. Sie behauptete auch, Hitler nicht unterstützt zu haben, oder ihre Unterstützung nach einer gewissen Zeit eingestellt zu haben. Sie ging sogar so weit, sich selbst auf eine Stufe mit den Verfolgten des Regimes zu stellen, in dem sie behauptete, selbst auch verfolgt und enteignet worden zu sein.
Ausserdem behauptete der Thyssen-Bornemisza Zweig der Familie, ungarischer Nationalität zu sein, und mit Deutschland überhaupt nichts zu tun zu haben. Aber dies waren alles falsche Behauptungen, die darauf ausgerichtet waren, die Aufmerksamkeit von den Fakten abzulenken. Und makabrer Weise war es gerade diese „kosmopolitische“ Seite der Dynastie, die die Nazis ganz besonders unterstützt hat, durch Finanz- und Bankgeschäfte, durch die Produktion von U-Booten und V-Waffen-Teilen, und durch eine persönliche Verbindung mit der SS und hoch-rangingen Nationalsozialisten. Über 1.000 KZ-Häftlinge starben in Bremen beim Bau des „Valentin“ Bunkers, in dem Heinrich Thyssen-Bornemisza’s Bremer Vulkan Werft eine Steigerung der Produktion auf 14 U-Boote pro Monat plante, um im Angesicht Hitler’s drohender Niederlage einen verzweifelten deutschen Endsieg zu erringen.
Angesichts ihrer weitgreifenden industriellen und finanziellen Macht und Sonderstellung hatten Fritz Thyssen und Heinrich Thyssen-Bornemisza eine überwältigende Verantwortung, sich ihren Mitbürgern gegenüber respektvoll zu verhalten. Wir glauben, dass sie in dieser Stellung aufgrund ihrer unerschöpflichen Gier, ihres finanziellen Opportunismus und ihrer unmoralischen Arroganz scheiterten. Von allen Thyssen-Erben ist jetzt anscheinend nur einer, nämlich GEORG THYSSEN-BORNEMISZA, bereit, die Verantwortung einzugestehen, indem er dieses Projekt unterstützt. Aber diese kläglichen 170 Seiten mit unvollständigem Register (nur Personen, nicht Unternehmen, was die Analyse so schwierig macht) sind nur ein Tropfen auf den heissen Stein in der Korrektur des offiziellen Bildes und halten einer internationalen Begutachtung nicht Stand.
Thomas Urban akzeptiert die Zulässigkeit unserer Biografie nicht und meint immer noch behaupten zu müssen, dass das Thema Zwangsarbeit in den Darstellungen zur Thyssen-Geschichte bis Anfang des 21. Jahrhunderts „unberücksichtigt“ blieb. In Wahrheit scheint es, dass das Thema mit Absicht unterdrückt wurde, so weit dies möglich war, um unerwünschte Aufmerksamkeit und mögliche Schadenersatzforderungen abzuwenden. Es ist auch der Grund, weshalb die Thyssen-Bornemisza Seite der Familie bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung unseres Buches von der akademischen Forschung ferngehalten wurde (was Dr Urban als „verwunderlich“ beschreibt).
Als Michael Kanther speziell für die August Thyssen Hütte 1991 über Zwangsarbeit schrieb konnte er anscheinend bis 2004 nicht publizieren, und dann in den “Duisburger Forschungen”. Und zehn Jahre später werden aus der großen Fülle von Thyssen Unternehmungen nur einige wenige als schuldig preisgegeben, nämlich die Werften Bremer Vulkan und Flensburger Schiffsbaugesellschaft, das Kohlebergwerk Walsum und die August Thyssen Hütte.
Die Press- und Walzwerk AG Reisholz und die Oberbilker Stahlwerke werden nur flüchtig erwähnt, aber nicht die Beteiligung an der Produktion von V-Waffen oder eine Zusammenarbeit mit der MABAG (Maschinen- und Apparatebau AG) Nordhausen, wo Heinrich’s Sohn Stephan Thyssen-Bornemisza mit der SS zusammen arbeitete und 20,000 KZ-Häftlinge ums Leben kamen. Eine interessante Information ist jedoch, dass der technische Direktor der Press- und Walzwerk AG Reisholz, Wilhelm Martin, „in seiner Eigenschaft als ‘Abwehrbeauftragter’ einen ‘politischen Stoßtrupp’ aus Betriebsangehörigen eingerichtet“ haben soll, „der im Falle möglicher Unruhen in der Belegschaft, mit so genannten Totschlägern bewaffnet, zum Einsatz kommen sollte“ – anscheinend der einzig bekannte Fall einer solchen Einrichtung in der gesamten Nazi-Rüstungswirtschaft. Es ist ein erstaunliches Eingeständnis.
Als deutsche Arbeiter in den Krieg zogen wurden sie durch insgesamt 14 Millionen Zwangsarbeiter, ersetzt, darunter auch Frauen und Kinder und in Thyssen Unternehmen arbeiteten diese in Verhältnissen zwischen einem Drittel und einem erstaunlichen zwei Drittel (in der Zeche Walsum, wie wir als Erste berichteten) der Gesamtbelegschaft. In Anbetracht der Größe der Thyssen Konzerne müssten dort insgesamt bis zu mehrere zehntausend Zwangsarbeiter gearbeitet haben, aber Dr Urban versucht noch nicht einmal, eine ungefähre Gesamtziffer zu ermitteln. Stattdessen wird das jämmerliche Schwarze-Peter-Spiel mit Krupp weiter geführt, wonach die Bezeichnung „Zwangsarbeiter“, die durchweg in diesem Buch benutzt wird, plötzlich zu „Sklavenarbeiter“ wird, sobald der Name Krupp fällt. Währenddessen verliert sich die jetzt angeführte Tatsache, dass bei Thyssen in Hamborn viel größere Mengen an Granatstahl hergestellt wurden als bei Krupp in Rheinhausen im Kleingedruckten.
In der August Thyssen Hütte und dem Thyssen Werk Mülheim, die mehr zum Einflussbereich Fritz Thyssen’s gehörten, dessen Macht durch seine privilegierte Haft während des Krieges nicht so vollständig eingeschränkt war wie diese offiziellen Thyssen Veröffentlichungen es uns immer noch weismachen wollen, heisst es, habe es eine „hohe Sterblichkeit“ bei sowjetischen Kriegsgefangenen gegeben. Aber die von Dr Urban erwähnten Zahlen übersteigen nie acht oder weniger für die wenigen Zwischenfälle, die er beschreibt.
Wegen der Rassenideologie wurden sowjetische Kriegsgefangene, von KZ-Häftlingen abgesehen, am schlechtesten behandelt, bis zu einem Punkt, wo diese in Heinrich Thyssen-Bornemisza’s Bremer Vulkan Werft, aus Furcht vor Sabotage, so Dr Urban, zunächst in einem Stacheldrahtkäfig festgehalten wurden, wo andere sie „wie die Affen (im Zoo anguckten)“. (Diese Information kam von einem Schulprojekt in Bremen aus dem Jahr 1980 und wurde von Dr Rolf Keller von der Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten in Celle an Dr Urban weiter gegeben). Aber trotz solcher verstörender Ausprägungen eines extremen Rassismus hatten Gesten der Humanität von seiten der Ortsansäßigen gegenüber den Gefangenen stattgefunden, wie unsere Lektorin beim Asso Verlag Oberhausen, Ulli Langenbrinck, uns vor Jahren schilderte, aus dem einfachen Grund, dass sie unter gefährlichen Bedingungen (z.B. in Kohlegruben und an Hochöfen) zusammen arbeiten mussten und es daher besser war, rücksichtsvoll gegenüber Menschen zu sein, von denen das eigene Leben abhängen konnte.
Leider bringt es Thomas Urban fertig, zu suggerieren, solche Erinnerungen könnten nichts weiter als Spiegelungen nachträglicher Dienlichkeit sein und man fragt sich, ob er jemals nachgedacht hat, wie es wohl gewesen sein musste, unter Bedingungen zu arbeiten, wo die rassische, ideologische und nationale Diskriminierung die sowieso schon schwierigen Arbeitsverhältnisse nochmals erheblich erschwerten. Bedingungen, die wegen größenwahnsinnigen Politikern und gleichsam größenwahnsinnigen Industriellen existierten und von denen die Menschen vor Ort genau wussten, dass sie kontra-produktiv waren. Sicherlich brauchte es nicht den Anblick von KZ-Häftlingen, um demoralisiert zu sein – Dr Urban sagt, dies sei in jener Zeit behauptet worden – von denen anscheinend „75“ beim Bremer Vulkan selbst verwendet wurden (was eine weitaus angenehmere Zahl ist als die 1,000 oben erwähnten Todesopfer). Die irrsinnige Situation, die man erlitt, wenn man ob des Schicksals der im fernen Feld stehenden eigenen „Herrenmenschen“ bangen musste, während die „untermenschlichen“ Feinde deren Waffen und Munition daheim produzierten muss schon verstörend genug gewesen sein, um Menschen zu demoralisieren – und zwar für beide Seiten!
Am anderen Ende der Skala werden die Thyssens, die in der Vergangenheit mit ihren geschichtlichen Aufzeichnungen „sparsam“ umgegangen sind, mit Glacéhandschuhen angefasst, was eine fortgesetzte Mentalität der Sympathie und Unterwürfigkeit bezeugt, die weit über alles geht, was man von einer sogenannten unabhängigen akademischen Beauftragung erwarten sollte. Selbst eine Rezensentin der Universität Duisburg-Essen, Jana Scholz, scheint zu hinterfragen, wieso das einzig Richtige nicht getan wurde, nämlich die Verantwortung eindeutig bei den Thyssens zu verorten. Statt dessen wird die Verwendung und Behandlung von Zwangsarbeitern Lagerführern, Vorarbeitern und Managern angelastet, Menschen wie Wilhelm Roelen und Robert Kabelac, und man fragt sich, was deren Familien wohl davon halten. Vor allem im Fall Roelen, da in der Ruhr eine Bewegung gegen die Erinnerung an ihn aufgekommen ist, nachdem nachgewiesen wurde, dass unter seiner Aufsicht mehr als 100 sowjetische Kriegsgefangene in der Zeche Walsum umgekommen sind. Signifikanter Weise sind keine Familienmitglieder dieser Manager befragt worden. Und auch keine Mitglieder der Thyssen Familie.
In einer anderen Rezension fragt sich Jens Thiel, der es als Experte in Medizinethik besser wissen müsste, allen Ernstes ob es sich heutzutage noch lohnt, mit Forschungen zum Thema Zwangsarbeit „wissenschaftliche Meriten“ zu ernten. Er preist die „nüchternen Beschreibungen“ in diesem Buch. Es ist aber absolut nicht nachvollziehbar, was nüchtern an der Beschreibung von hungernden Russen sein soll, die rohen Fisch essen, der durch Bomben getötet wurde, nachdem sie mitten im Winter in den eisigen Fluss gesprungen waren, um ihn einzusammeln. Oder an der Erinnerung von Ortsansässigen, wie sie als Kinder sahen, wie Leiterkarren aus einem Thyssen-Werk herausgefahren wurden, bei denen auf der Seite Beine und Arme heraushingen und sie sich beissend fragten, ob diese Menschen tot oder noch lebend waren.
Oder an der Beschreibung von Galgen, die vor dem Zehntweglager des Thyssen-Werks Mülheim aufgestellt wurden (welches von einem besonders sadistischen Vater-Sohn-Team von Kommandanten regiert wurde) und sowjetische Jugendliche dort für Diebstahl „in Anwesenheit eines Gestapo-Mannes und eines SS-Unteroffiziers“ in apokalyptischen Szenarien gehängt wurden – wiederum beobachtet von ortsansässigen Kindern. Alle drei Beschreibungen entstammen persönlichen Befragungen, die Dr Urban bei Zeitzeugen durchgeführt hat und die eines der wenigen rettenden Elemente dieses Buches sind. Er beschreibt auch andere Opfer, darunter Frauen, die in Thyssen-Werken erschossen wurden, z.B. wegen Diebstahls von Nahrungsmitteln.
Obwohl dieses Buch darauf nicht eingeht steht es ausser Frage, dass Fritz Thyssen und Heinrich Thyssen-Bornemisza mit den außerordentlichen Mitteln aus dem Schaffenswerk ihres genial-dementen Vaters äußerst privilegierte Lebensstile führten. Beide blickten rückwärts und sahen sich als feudale Oberherrn, die ihre ganz privaten Lehnsgüter regierten. Sie waren entschlossen, Arbeiterrechte konsequent zu bekämpfen, egal ob diese nun Deutsche oder Ausländer waren. Deshalb unterstützten sie den Faschismus, inklusive des Regimes von Admiral Horty in Ungarn. Deshalb finanzierten sie auch ihr SS-requiriertes Schloss Rechnitz im Burgenland, wo Heinrich’s Tochter Margit Batthyany während des Krieges ihr ganz eigenes Terror-Regime führte und in eine Greueltat an über 180 jüdischen Zwangsarbeiter im März 1945 verwickelt war, die bis zum heutigen Tag in keiner offiziellen Thyssen Publikation Erwähnung findet.
Die Thyssen Manager reichten diesen autokratischen Führungsstil nach unten weiter, während sie die gleichzeitigen Kriegsanforderungen der Sieges-wichtigen Plansolls und Gewinnerwartungen der Eigentümer zu erfüllen versuchten. Sie adressierten die Mahnung „Wenn Du nicht spurst, Farge (ein Arbeitserziehungslager in der Nähe von Bremen) ist dichtebei!“ sowohl an deutsche wie auch ausländische Arbeiter. Aber letztere waren immer mehr benachteiligt weil die Nazis das Führerprinzip durch alle Schichten hindurch anwendeten, sodass jeder Deutsche automatisch zum Boss seines nächsten ausländischen Arbeiters wurde. Ausländer mussten auch schwerere, gefährlichere Arbeiten verrichten und hatten schlechtere Rationen, Unterkünfte und Luftschutzvorkehrungen. Während eines großen Luftangriffs auf das Thyssen Werk in Hamborn am 22.01.1945 waren 115 der 145 Todesopfer Kriegsgefangene. Im Ausländerlager der Thyssen-Bornemisza Zeche in Walsum fanden ein Staatsarzt und ein Nazi-Funktionär bei ihrer Visite 1942 solch untragbaren hygienischen Zustände vor, dass sie das Thyssen Management beorderten, sofortige Abhilfe zu schaffen.
Die Ertragskraft der Thyssenschen Kriegsproduktion und speziell des Schiffbaus wird erwähnt, doch Thomas Urban sagt überprüfbare Zahlen seien „nicht verfügbar“. Aber einige dieser Zahlen sind in den Protokollen der Vorstandssitzungen enthalten, welche vierteljährlich in Flims, Davos, Lugano und Zurich stattfanden (nicht lapidar „in der Schweiz“ – mit anderen Worten Heinrich war nicht zu krank, um herum zu reisen, er wollte nur nicht mehr aus der Schweiz ausreisen; aus Gründen des Komforts, nicht weil er “anti-Nazi” war) mit vier Beteiligten (Baron Heinrich, Wilhelm Roelen, Heini Thyssen und Heinrich Lübke, dem Direktor der August Thyssen Bank Berlin – wobei die letzten zwei von Urban heruntergespielt werden). Und die Mitschriften wurden nicht von einem anonymen „Privatsekretär“ angefertigt sondern aller Wahrscheinlichkeit nach von Wilhelm Roelen, was erklärt, dass sich Kopien sowohl im Unternehmens- wie auch im Privatarchiv befinden. Wir sind sicher, dass sich auch noch weitere relevante Informationen zur Profitabilität im ThyssenKrupp Archiv wie auch im Archiv der Stiftung zur Industriegeschichte Thyssen befinden, zum Beispiel im Nachlass von Dr Wilhelm Roelen, welche aber aus irgend einem Grund nicht veröffentlicht werden.
Es wird hier auch behauptet, dass „sich Thyssen-Unternehmen nach heutigem Kenntnisstand während der NS-Zeit (keine) ‘arisierte(n)’ Betriebe aneigneten“. Aber in Wirklichkeit wurde Heinrich’s Rennstall Erlenhof bei Bad Homburg für ihn im November 1933 von seinem Finanzinstrument Hollandsch Trust Kantoor aus dem Nachlass des Juden Moritz James Oppenheimer gekauft, der zuerst in den Konkurs getrieben und danach ermordet wurde. Eine sehr unangenehme Jahreszahl, wenn die offizielle Aussage immer war und immer noch ist, dass Heinrich Thyssen-Bornemisza ab 1932, also vor der Machtergreifung Hitlers, in der Schweiz lebte.
Der Autor versucht, einen Punkt zur Entlastung von Heinrich Thyssen-Bornemisza heraus zu arbeiten, indem er sagt, dieser sei nie bei Veranstaltungen in seinen Werken zugegen gewesen, wenn z.B. „Auszeichnungen durch das NS-Regime“ stattfanden. Aber während Heinrich nach 1938 die Schweiz nicht mehr verlassen haben mag so erzählte uns doch sein Sohn Heini, dass er 1942 für die Feierlichkeiten zum 100ten Geburtstag seines Großvaters nach Schloss Landsberg gereist war, an denen auch Nazi-Funktionäre teilnahmen (Bilder der Veranstaltung existieren). Danach konnte er ungehindert in die Schweiz zurückreisen. Aber dieser Vorfall bleibt hier unerwähnt, vermutlich weil man die unternehmerische Verstrickung Heini Thyssens während des Krieges nicht publik machen will.
Thomas Urban besitzt weiterhin die Kühnheit, zu unterstellen dass der Kontakt zwischen Heinrich Thyssen-Bornemisza und Hermann Göring „wohl auf den Pferdesport beschränkt“ gewesen sei und dass er „diesem Regime wohl nicht nur geografisch distanziert gegenüberstand“. Als ob Heinrich’s privilegierte Position in der Schweiz etwas sei, was in diesem Zusammenhang auch noch Bewunderung verdiene. Diese willkürliche Einschätzung durch einen deutschen Akademiker für diesen entscheidenden Punkt ist eine regelrecht obszöne Behauptung und tief abstoßend sowohl für die Erinnerung an die Opfer wie auch für alle Menschen, denen an der historischen Wahrheitsfindung gelegen ist.
Die Bankkontakte zwischen beiden Männer persönlich und mit dem Regime generell über Heinrich’s August Thyssen Bank in Berlin (welche später in der BHF-Bank aufging), seine Union Banking Corporation in New York und seine Bank voor Handel en Scheepvaart in Rotterdam und andere bleiben bisher in dieser Serie absolut unerwähnt. Wir nehmen an, das wird sich mit dem Buch von Simone Derix über das Vermögen und die Identität der Thyssens (Erscheinungsdatum 2016) oder mit Harald Wixforth’s Arbeit über die Thyssen Bornemisza Gruppe (Erscheinungsdatum unbekannt) ändern.
Man mag es als verständlich ansehen, dass die Thyssens in der Vergangenheit ihre Verbindungen zu Nazi Führern geleugnet und ihre Manager gleichfalls so argumentiert haben, um nach dem Krieg einer Vergeltung durch die Allierten zu entgehen, dass aber im Jahr 2014 ein solches akademisches Projekt immer noch in der selben Art über die wichtigsten Punkte der Aufarbeitung der Thyssen Geschichte hinweg geht ist unentschuldbar. Es ist ebenfalls unklar, wieso Dr Urban bei wichtigen Punkten so vage bleibt, wie z.B. bei der Frage der Entlohnung der Zwangsarbeit. Diese erwähnt er, gibt aber keinerlei Details, was unentschuldbar ist.
Immer und immer wieder erwähnt Dr Urban Probleme mit Quellen und dass es deshalb unmöglich sei, das Thema mit der nötigen Subtanz und Gewissheit zu behandeln. Seine Aussage dass „man in den Baustoffwerken (der Thyssens), zumal im Berliner Raum, durchaus einen höheren Anteil an Zwangsarbeitern vermuten“ kann ist inakzeptabel, zumal gesagt wird, die relevanten Archive seien „noch im Aufbau“, was 70 Jahre nach Kriegsende eine unglaubliche Aussage darstellt, auch wenn es eine ist, die wir bei unseren Arbeiten zum Thema Thyssen oft zu hören bekommen haben.
Als der Bremer Vulkan in den späten 1990er Jahren Pleite ging sahen weder die Thyssen Bornemisza Gruppe noch ThyssenKrupp eine Notwendigkeit, die Archive zu übernehmen. Statt dessen wurden diese einem „Freundeskreis“ („Wir Vulkanesen e.V.“) überlassen, der wichtige Akten, unter anderem Belegschaftsakten aus der Kriegszeit, welche auch Aufzeichnungen über Zwangsarbeiter enthielten, vernichtete – aus „Datenschutzgründen“ wie es hiess. Erst nach dieser Säuberung wurden die Akten dem Staatsarchiv Bremen überlassen. Auch die Überlieferungen der Zeche Walsum werden hier als „äusserst lückenhaft“ beschrieben, was angesichts der Tatsache, was für ein akribischer Technokrat Wilhelm Roelen war unwahrscheinlich, auf Kriegseinwirkungen zurückzuführen, oder durch willkürliche Zerstörung belastender Beweise zu erklären ist
Und so fiel es einzelnen Zwangsarbeitern selbst zu, die den Mut hatten, mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit zu treten (und welche von verschiedenen örtlichen deutschen Geschichtsprojekten – manchmal sogar in Schulen – aufgegriffen und tatsächlich unabhängig von irgendwelchen Thyssen Organen bearbeitet wurden), die eindringlichsten Portraits der Zwangsarbeit bei Thyssen zu zeichnen.
Als der Niederländer Klaas Touber 1988 an den Bremer Vulkan schrieb (dessen Ehrenvorsitzender Heini Thyssen war) und um DM 3,000 Schadenersatz für seine Zwangsarbeit im Krieg bat, wurde dies abgelehnt mit der Begründung man könne „keine konkreten Tatsachen erkennen (…), die für uns eine Schadenersatzverpflichtung begründen“. Es wurde ihm mitgeteilt, die Werft sei „wirtschaftlich angeschlagen“ und „wenn man ihn entschädigen würde, müsste man auch den vielen anderen Menschen, die damals mit Ihnen diese Zeit durchgemacht haben….Geldzahlungen zukommen lassen“, wozu man „finanziell nicht in der Lage“ wäre. Dies zu einem Zeitpunkt, als Heini Thyssen seine Kunstsammlung zum Kauf anbot und anklingen ließ, sie sei bis zu 2 Milliarden Dollar wert. Klaas Touber, der zu einem Zeitpunkt seiner Zwangsarbeit beim Bremer Vulkan auf 40 Kg abgemagert war, hatte Zeit seines Lebens ein psychisches Trauma behalten, was nicht zuletzt daher rührte, dass einer seiner Landsmänner, der ihm bei einem Streit in der Kantine zu Hilfe gekommen war, im KZ Neugamme ermordet wurde. (Die Informationen wurden Dr Urban zum Teil durch Dr Marcus Meyer, Leiter des Denkorts „Valentin“ Bunker der Bremer Landeszentrale für politische Bildung überlassen – Klaas Touber war sehr in der Erinnerungs- und Versöhnungsarbeit engagiert – und zum Teil von ihm einer Veröffentlichung des Landesverbands der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten Bremen e.V. entnommen).
Das vielleicht erschütternste und gleichzeitig hoffnungsvollste Schicksal ist das des Weissrussen Wassilij Bojkatschow. Als er 12 Jahre alt war nahmen die Deutschen sein Dorf ein, wobei sowohl sein Vater wie auch sein Großvater ermordet wurden. Beim Thyssen Werk der Deutsche Röhrenwerke AG musste er die gefährlichste Arbeit verrichten nämlich nicht explodierte Bomben entschärfen. 1995 schrieb er seine Memoiren und reiste 1996 nach Mülheim, wo er den Bürgermeister und ortsansässige Menschen traf, die Geld für seinen Besuch und den seiner Frau gesammelt hatten. Er beschrieb viele traumatische Erlebnisse, erinnerte sich aber auch an „viele Bilder menschlichen Mitleids und Güte“. Es scheint, dass er noch nicht einmal um Schadenersatz warb. (Dr Urban hat diese Informationen aus dem Jahrbuch der Stadt Mülheim entnommen).
Im Jahr 2000 schrieb eine Ukrainerin, Jewdokija Sch., an das Staatsarchiv Bremen: „Die Arbeit (beim Bremer Vulkan) war sehr, sehr schwer – ich arbeitete als Schweißerin, 12 Stunden täglich, in Holzschuhen, ganz erschöpft vom Hunger! Ich war schon 1944 wie ein Gespenst!“.
Nach ihrem Zusammenschluss trat die ThyssenKrupp AG im Jahr 2000 der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft bei, welche zur Entschädigung von Zwangsarbeitern finanziert wurde. Diesbezügliche Akten seien noch weitere 30 Jahre unter Verschluss und der akademischen Forschung nicht zugänglich, schreibt Dr Urban. Was er nicht erwähnt ist, dass es nicht bekannt ist, ob sich die Thyssen Bornemisza Gruppe jemals an einem Entschädigungsfond für Zwangsarbeiter beteiligt hat.
Interessanterweise befasst sich das nächste Buch der Serie mit den Kunstsammlungen der Thyssen Familie, welche das vordergründigste Instrument waren, mit dem sie ihr Schuldgefühl reinwaschen und ihre belastenden Kriegsverstrickungen hinter der Fassade einer kulturellen sogenannten Philanthropie verstecken konnten. Etwas was in den Boom-Jahren des deutschen Wirtschaftswunders und danach hervorragend funktionierte, als der Kunstmarkt von einem Höchstpreis zum nächsten emporschnellte und der Glanz der glamourösen Kunstwelt jegliche Sorge vor oder gar Erinnerung an die Quelle des Thyssen-Vermögens weg zu wischen schien. |
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Dr Thomas Urban, ein weiterer Thyssen-finanzierter Akademiker, diesmal von der Ruhr-Universität Bochum |
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Sunday, October 18th, 2015
The second book in the series “Family – Enterprises – Public. Thyssen in the 20th Century”, written by Dr Thomas Urban and published by Schöningh Verlag in 2014, looks at the use of forced labour at the United Steelworks (Fritz Thyssen) and at the “Baron Concern” (Heinrich Thyssen-Bornemisza).
In it, we are described as “sensationalist journalists”.
It is reassuring to see that Professor Rasch and his academic colleagues continue to refer to the contents of our book, while confirming the accuracy of our work. Unfortunately, neither Manfred Rasch nor the other academics are showing any moral concern or regret, either personally or on behalf of the owner families, for the crime of working thousands of people to death (accurate records apparently no longer exist) in order to increase productivity and profitability, the responsibility for this being laid squarely at the feet of the war-time management.
I was recently reminded how the Thyssen family continue to reject their answerabilities when, in order to persuade me to stop writing about whether his family’s money smells, Lorne Thyssen (Baron Lorne Thyssen-Bornemisza) took me out to lunch, over which he said that his rejection of my accusation was based on the fact that he and his family had “not even been alive” at the time that their fortune was being forged.
He refused to accept my explanations or even show any regret that much of his father’s art collection, which had formed a major part of his inheritance, was funded with the profits made from such appalling activity. In my eyes, certainly morally and possibly legally, he and his relatives should acknowledge at least an appropriate degree of guilt.
I also told Lorne Thyssen that I considered his silence, like that of the rest of the family and now Professor Rasch and his team of academics, to be reflecting the same lack of concern that enabled the perpetration of the crime against humanity in the first place.
We remain proud of our book, its sources, accuracy and achievements, regardless of the label Manfred Rasch may see fit to give us and proud of the fact that the Thyssen family are now one step nearer to a full admission of their historic responsibility.
Das zweite Buch in der Reihe „Familie – Unternehmen – Öffentlichkeit. Thyssen im 20. Jahrhundert“, von Dr Thomas Urban, erschienen im Schöningh Verlag 2014, dreht sich um das Thema Zwangsarbeit beim „Stahlverein“ (Fritz Thyssen) und beim „Baron Konzern“ (Heinrich Thyssen-Bornemisza).
In dem Werk werden wir als „sensationsorientierte Journalisten“ bezeichnet.
Es ist ermutigend, dass Professor Rasch und seine akademischen Kollegen sich weiterhin auf den Inhalt unseres Buches beziehen und die Richtigkeit unserer Arbeit bestätigen. Aber weder Manfred Rasch noch die anderen Akademiker zeigen Betroffenheit oder Bedauern, entweder persönlich oder im Namen der Eigentümer-Familie, ob des Verbrechens, tausende von Menschen zu Tode zu arbeiten (genaue Aufzeichnungen existieren anscheinend nicht mehr), um Produktivität und Gewinn zu steigern. Diese Verantwortung wird entschieden den Managern zugeschoben.
Ich wurde vor Kurzem daran erinnert, dass die Thyssen Familie weiterhin ihre Verantwortlichkeit ablehnt, als mich Lorne Thyssen (Baron Lorne Thyssen-Bornemisza) zum Essen lud, um mich zu überreden, meine Schriften zur Frage, ob dem Geld seiner Familie ein übler Geruch anhaftet, einzustellen. Dabei meinte er, dass er meine Anschuldigungen zurückweisen müsse, da seine Familie „noch nicht einmal geboren war“ als ihr Vermögen geschmiedet wurde.
Er weigerte sich, meine Erläuterungen zu akzeptieren oder Bedenken zu zeigen, dass vieles am Wert der Kunstsammlung seines Vaters, welcher zum großen Teil in sein Erbe einfloß, mit den Profiten aus solch einer entsetzlichen Unternehmung finanziert wurde. In meinen Augen sollten er und seine Verwandten sicherlich moralisch, wenn nicht gar rechtlich ein angemessenes Ausmaß an Schuld anerkennen.
Ich sagte Lorne Thyssen auch, dass sein Schweigen, wie der des Rests der Familie und nun auch von Professor Rasch und seines akademischen Teams denselben Mangel an Anteilnahme widerspiegeln, welcher das ursprüngliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit ermöglichte.
Wir bleiben stolz auf unser Buch, seine Quellen, seine Exaktheit und seinen Erfolg, ungeachtet des Aufklebers, den Professor Rasch versucht uns anzuhängen. Und wir sind stolz auf die Tatsache, dass die Thyssen Familie jetzt einen Schritt näher daran ist, ihre historische Verantwortung vollumpfänglich einzugestehen.
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Tuesday, September 22nd, 2015
Dieses Buch über das “Gemeinschaftsunternehmen zu dem Unternehmen der Thyssen-Gruppe zählten” beginnt mit der Aussage des Autors, es sei “erstaunlich, dass sich die moderne unternehmenshistorische Forschung noch nicht intensiver mit der Entwicklung des Konzerns in den Jahren 1933 bis 1945 auseinandergesetzt hat”. Offensichtlich wurde die in unserem Buch enthaltene, unabhängige wissenschaftliche Information nicht anerkannt, obwohl sie Auslöser dafür war, dass Dr. Donges und seine akademischen Kollegen mit dem Umschreiben der Thyssen Geschichte beauftragt und dafür gefördert wurden.
Erst in der Mitte des 400-Seiten schweren Traktats rückt er schließlich damit heraus, dass die Vereinigten Stahlwerke (VSt, Vestag) massiv im Rüstungsgeschäft tätig waren, aber dass “in der Forschung (dies) bislang nicht hinreichend beachtet (wurde), sodass die Vestag im Gegensatz zu Unternehmen wie dem Krupp-Konzern eher als Roheisen- und Rohstahlproduzent wahrgenommen wird”.
Die Entscheidung, wie man auf solche ganz offensichtlich manipulierten Behauptungen reagieren soll fällt schwer und wir fragen uns, ob es Dr Donges jemals in den Sinn gekommen ist, dass die Dimensionen der bisherigen fälschlichen Darstellung so bedeutsam sind, dass der Schluss auf der Hand liegt, dass sie nicht zufällig sondern absichtlich zustande kam.
Da die Thyssens zusammen mit dem Deutschen Staat zu Beginn von Hitler’s Diktatur 72,5% der Vereinigten Stahlwerke kontrollierten, und deren Ausstoß drei Mal so groß war wie der ihres größten Konkurrenten, war es stets unlogisch, dass Alfried Krupp im Nürnberger Prozeß zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, während die Thyssens ungeschoren davon kamen. Sie konnten dies aus vielen verschiedenen Gründen, die in unserem Buch ausführlich beschrieben werden, und so wurde der Mythos ihrer heldenmütigen Unbeflecktheit erschaffen.
Es ist offensichtlich, dass die akademische und die Medienwelt in Deutschland willens waren, diesem Mythos zu folgen statt ihn zu hinterfragen, wie wir es getan haben. Zu ihrer Verteidigung mögen sie anführen, dass sie gewisse Dokumente nicht einsehen konnten und ihre Forschungen dadurch behindert waren. Doch während die Archive der Thyssen-Bornemiszas tatsächlich bis vor kurzem für die akademische Welt unzugänglich waren, bestand für die Akten des 53-Jahre alten ThyssenKrupp Archivs keinerlei Zugangsbeschränkung (offiziell jedenfalls nicht; die Wahrheit steht auf einem anderen Blatt).
Als Georg Thyssen-Bornemisza ca. 2006/7 die Stiftung zur Industriegeschichte Thyssen ins Leben rief und ihr die Archive seines Vaters übergab (welche wir zuvor privat in Madrid und später in Monte Carlo eingesehen hatten), unterstellte er diese der fragwürdigen Pflegschaft von Prof. Manfred Rasch, Leiter des Archivs der ThyssenKrupp AG und sogar, so scheint es, zur Aufbewahrung im selben Gebäude in Duisburg, welches das ThyssenKrupp Archiv enthält.
Dieser erstaunliche Transfer hatte zur Folge, dass die Akten der Familie Fritz Thyssen mit den Akten der Familie Heinrich Thyssen-Bornemisza symbolisch vereinigt wurden; ein unglaublicher Akt, wenn man bedenkt, wie wichtig es für die Aufrechterhaltung des geschichtlichen Thyssen-Mythos war, stets zu betonen, dass die eine Seite der Familie mit der anderen Seite nichts zu tun hatte – ein Mythos, den die drei ersten Bücher dieser Reihe nichtsdestotrotz weiter fortsetzen.
Bei näherer Einsicht der Bestände, jedoch, scheinen kuriose interne Restrukturierungen der Akten in den beiden Archiven vorzugehen. Da sind zum einen wichtige Akten, von denen wir wissen, dass sie vormals im ThyssenKrupp Archiv waren, wie z.B. (erstaunlicherweise) der Nachlass von Wilhelm Roelen (Hauptmanager von Heinrich Thyssen-Bornemisza) oder der Nachlass von Robert Ellscheid (Hauptanwalt von Fritz und Amélie Thyssen) und von denen jetzt behauptet wird, sie befänden sich im Archiv der neuen Stiftung zur Industriegeschichte Thyssen.
Was aber besonders aus den Fußnoten hervorsticht ist, dass immer und immer wieder wenn es speziell um militärische Rüstung geht, die Akten meist aus dem Archiv der neuen Stiftung zur Industriegeschichte Thyssen stammen sollen, und nicht aus dem der ThyssenKrupp AG, sodass man das Gefühl bekommt, hier könnte eventuell eine Schadensbegrenzung zugunsten des kränkelnden Riesen der deutschen Schwerindustrie im Gange sein.
Auf alle Fälle ist eines der wenigen, bedeutenden Eingeständnisse dieses Buches, dass die Flucht Fritz Thyssens von Deutschland in die Schweiz bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs weniger mit heroischer Auflehnung gegen Hitler, und mehr mit der Tatsache zu tun gehabt haben könnte, dass er massiv gegen Devisenbestimmungen verstoßen und Steuern hinterzogen hatte, von der wir zuerst berichteten (obschon es nichts über weitere Gründe für seine Flucht aussagt, wie zum Beispiel Hitlers erniedrigende Anschuldigung des Eigennutzes).
Während Dr Donges die Verfehlungen Fritz Thyssens in Zahlen festhält, nämlich 31 Millionen Reichsmark in hinterzogenen Steuern plus 17 Millionen RM Reichsfluchtsteuer, also ein Gesamtbetrag von 48 Million RM, der an den deutschen Staat zu zahlen gewesen wären, mildert er die Aussage ab, indem er behauptet, das Entnazifizierungsverfahren von 1948 sei nicht zu dem Schluss gekommen, dass dieser Aspekt eine wichtige Rolle bei Fritz Thyssens Flucht gespielt habe. Dr Donges unterlässt es jedoch, diesen Beweis zu qualifizieren – wie es andere Autoren in dieser Reihe tun – und darauf hinzuweisen, dass die ehrliche Aufarbeitung durch diese Gerichte zum Erliegen kam sobald der Kalte Krieg begann.
Es ist auch bemerkenswert, dass der Autor behauptet die kritische Steuerfahndung in Sachen Fritz Thyssen habe Ende der Zwanziger Jahre begonnen, obwohl diese in Wirklichkeit bereits bald nach dem Ersten Weltkrieg ihren Anfang nahm.
Das Buch bringt es fertig, zu veröffentlichen, dass die zurückgezogen lebende Joseph Thyssen Seite der Familie (vom Bruder des alten August Thyssens abstammend) indirekt von der Verfolgung von Juden profitierte, da das Reich ihnen nach Fritz Thyssens Flucht und der Beschlagnahmung seines Vermögens, den Wert ihrer VSt-Aktien, nämlich 54 Million RM, mit Aktien aus jüdischem Besitz erstattete, die durch die Judenvermögensabgabe an das Reich gekommen waren.
Aber es war Fritz Thyssen, dessen Anti-Semitismus offensichtlich war, während er in prominenter Position 1933/4 daran beteiligt war, die jüdischen Mitglieder Paul Silverberg, Jakob Goldschmidt, Kurt Martin Hirschland, Henry Nathan, Georg Solmssen und Ottmar E Strauss aus dem Aufsichtsrat der VSt zu drängen. Und ganz gleich wie oft man in dieser Serie versuchen wird, uns weiszumachen, dass Fritz Thyssen sich nach 1934 “selbst stufenweise ent-nazifierte” und dass seine Judenfeindlichkeit nicht von der bösartigen, mörderischen Art war, so müssen wir uns daran erinnern, dass die wirtschaftliche Entrechtung der Juden den ersten Schritt auf dem Weg zum Holocaust darstellt.
Als die Simon Hirschland Bank in Essen 1938 “arisiert” und von einem Konsortium übernommen wurde, an dem die Deutsche Bank und die Essener National-Bank AG beteiligt waren, kaufte Fritz Thyssen einen Anteil von 0.5 Millionen RM, aber seine Rolle wird als “fraglich” bezeichnet und gesagt, dass “in der Forschung nur ungenau beantwortet (wird) welche Rolle Thyssen bei der Gründung dieses ‘Arisierungs-Konsortiums’ spielte”. Dies ist eine Methode, mit der Akademiker Zweifel an etablierten Einschätzungen aussähen, vor allem wenn diese für die Thyssens rufschädigend sind und sie von ihnen beim Umschreiben ihrer Geschichte gefördert werden.
Natürlich bleibt die sehr wichtige Finanz- und Bankenseite der Fragestellung genauso unterbelichtet, wie sie es zur Zeit des Geschehens war. Dr Donges erwähnt anonyme Holdings in den Niederlanden, der Schweiz und in den USA; dass das Reich die Rüstungsfinanzierung über die Metallurgische Forschungsanstalt verschleierte; und Faminta AG im schweizerischen Glarus, von dem er behauptet, es sei ein ausländisches Instrument der Thyssen & Co., nicht von Fritz Thyssen persönlich, gewesen. Er nennt nicht die Namen der amerikanischen Anleihegläubiger und sagt aus, dass die Rolle des Finanzministeriums im Dritten Reich noch nicht ausreichend erforscht worden ist.
Und während Dr Donges auf Seite 28 in oberflächlichster Weise informiert, dass nach dem Tod des Patriarchen August Thyssen 1926, Fritz Thyssen seinem Bruder Heinrich “einen Teil” der VSt Aktien abtreten musste (es waren anfänglich nicht weniger als 55 Millionen RM, für die er im Gegenzug Anteile an der Familien-eigenen Bank voor Handel en Scheepvaart in Rotterdam erhielt, die von Heinrich Thyssen-Bornemisza kontrolliert wurde), beschreibt er nirgends, wie lange dieser Anteil wohl im Besitz von Heinrich Thyssen-Bornemisza verblieb und ob er sich noch in seinem Besitz befand, als das Vermögen von Fritz Thyssen 1939/40 konfisziert wurde (und falls ja, was dann damit geschah).
Statt dessen konzentriert sich der Autor auf die “Nutzung von politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Optionen für den wirtschaftlichen Erfolg” in der NS-Zeit. Er veranschaulicht “die unternehmerischen Vorteile des Ausbaus der Rüstungsbetriebe” und stellt fest: “Auch wenn die Handlungsspielräume im Vergleich mit der Weimarer Republik aufgrund zahlreicher Restriktionen eingeschränkt waren, konnte die Konzernleitung (der VSt) weiterhin eine langfristig ausgerichtete Investitionsstrategie verfolgen.”
Und so endet das Buch mit der weltbewegenden Schlussfolgerung: “Betrachtet man die Entwicklungslinien der deutschen Stahlindustrie im 20. Jahrhundert, so bewegten sich die Stahlerzeuger im langfristigen Trend hin zur Weiterverarbeitung. Daher wäre die Vestag (Vereinigte Stahlwerke AG) in den 1930er Jahren wohl auch unter einem anderen politischen Regime diesen Weg gegangen”.
So muss man annehmen, dass dies der Hauptgrund für dieses Werk war: das Image der ThyssenKrupp AG und das Gewissen überlebender Mitglieder der Thyssen-Familie, die von der Rolle der Vereinigten Stahlwerke AG beim Tod von 80 Millionen Menschen als Auswirkung des Zweiten Weltkriegs profitiert haben – und dies noch tun – sauber zu halten.
Es ist nicht ersichtlich, wie Dr Donges mit seiner Doktorarbeit tatsächlich die Forschungslücke zum Thema Vereinigte Stahlwerke in der Nazi-Periode auch nur annähernd “schließen” könnte, wie in der Missionsaussage zur Projektreihe “Familie – Unternehmen – Öffentlichkeit. Thyssen im 20. Jahrhundert” zu lesen steht.
Ob jemand ausserhalb des Zirkels der offensichtlich Thyssen-finanzierten Forscher in Folge dessen aus dem “großen, bedingungslosen Schlummer” erwachen und beschließen wird, eine etwas kritischere Forschung zu betreiben, wird sich zeigen. Akademische Buchrezensionen (z. B. von Tobias Birken bei Sehepunkte, oder Tim Schanetzky bei H-Soz-Kult) lassen bisher nicht viel Hoffnung auf eine wirklich kritische Auseinandersetzung aufkommen. In jedem Falle ist es eine ganz andere Frage, wie abweichende Akademiker empfangen würden, wenn sie an die Tür der “Archive des Professors Rasch” anklopften. |
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Der Volkswirt (Dr.) Alexander Donges, wie er seinen Titel an der Universität Mannheim als akademischer Thyssen-Söldner verdient |
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